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  • AutorenbildSascha Nikolas Berger

Das "Geheimnis" eines kleinen Nebensatzes...

Mein heutiger Impuls zu Matthäus 23, 1-12 für die Wort-Gottes-Feier in der KHG Mainz (A-31.Sonntag im Jahreskreis)


In der heutigen Tageslesung (Mal. 1.14b – 2, 2b. 8-10) bekommen die damaligen Priester vom Propheten Maleachi kräftig den Kopf gewaschen. Überhaupt geht er im gesamten seines Werkes kräftig zur Sache. Zimperlich ist er nicht, er zieht den Priestern das Versagen ihrer Verantwortung vor die Augen.


Aber auch im heutigen Tagesevangelium (Mt 23, 1-12) geht es rund.

Jesus ist ebenfalls nicht zimperlich in den Vorwürfen den Schriftgelehrten und den Pharisäern gegenüber.


In beiden Texten werden die Priester und die Schriftgelehrten als separiert dargestellt, (ob selbstgewählt oder durch die Chronisten, bleibt vage) als ob sie eine eigene Gruppe wären, fernab von den anderen Menschen. Sie stellen Regeln auf, die aber scheinbar nicht für sie selbst gelten.

Vielleicht fällt dem ein oder anderen so wie mir dazu das Sprichwort vom „Wasser predigen und Wein trinken“ ein!? Und dass bei Texten, die knapp oder über 2000 Jahre alt sind.


All die bildgewaltigen Feststellungen lösen in mir erschreckend ähnliche Empörung wie bei Maleachi aus, wenn ich den Blick auf unsere Kirche im Heute & Jetzt richte. Aber auch wenn ich mir die Situation an so mancher Hochschule näher betrachte. Denn Machtmissbrauch gibt es nicht nur in der Kirche. Oftmals entscheiden Professoren alleinig und damit oft auch widerspruchslos darüber, wer in ihrem Bereich „gefördert“ wird, wer im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit auf Institutsressourcen zugreifen darf, wessen Verträge als wissenschaftlich Mitarbeitende wie und wann verlängert werden. Ist die Frage/die Sorge nach einer neutralen Bewertung einer wissenschaftlichen Arbeit so unbegründet? Abhängigkeiten sind schnell geschaffen.


Und auch im kirchlichen Bereich finde ich einiges an Fragen. Erinnert sich noch jemand an das prunkvolle Badezimmer in Limburg? Braucht es pompöse Bauten? Warum sind die anfänglichen Entschädigungssummen in Sachen Missbrauch im Bereich der Kirche so gering gewesen? Nur um einiges kurz zu erwähnen. Buße und Reue predigen sich schnell, gelten aber im kirchlichen Raum vermeintlich erst einmal nicht für alle – dachten sich einige zumindest. Die Betrachtung der Gleichheit aller im wissenschaftlichen Bereich der Hochschulen lässt ebenfalls an einigen Stellen Fragen offen, sind wirklich alle gleich?


Ich könnte jetzt noch seitenlang weiter aufzählen, die Blätter würden sich mit Sicherheit schnell füllen. Denn schnell ist der Finger ausgestreckt, auf jemanden gerichtet und ein Urteil gesprochen. Was dabei dann allerdings oftmals fehlt, ist die nötige Selbstkritik. Oder wie meine Oma zu sagen pflegte: „Na Bub, schau Dir mal die Hand mit dem ausgestreckten Finger genau an, da zeigen aber auch drei Finger zurück auf dich.“ Wie recht sie doch wieder einmal hatte. Allerdings stellte ich mir an meinem Schreibtisch dennoch die Frage, was Jesus uns wohl heute zum Zustand seiner Kirche und unserer Gesellschaft sagen würde. Ich habe so eine ungefähre Vorstellung.


Aber wenn ich diese Form der Auseinandersetzung mit dem Text weiterhin wählen würde, dann wäre die Chance groß, dass in all diesem „Getümmel“ von Worten, Gedanken und Vorwürfen ein kleiner, feiner Nebensatz des Evangeliums unterginge. Es sind 5 Worte aber in ihnen steckt eine Menge Information, an Feststellung, an Verbindung, an Auftrag, an Verantwortlichkeit.


„Ihr alle aber seid Brüder“ - nun gut, ich ändere es mal in das alle einschließende „Ihr alle aber seid Geschwister“


Konnten wir uns anfangs in unseren Bewertungen über die Vergehen und Verfehlungen der anderen zurücklehnen, sind wir auf einmal nun selbst mitten im Geschehen. Ihr alle aber seid Geschwister – mit diesen Worten gilt die Ansage Jesu schlagartig auch mir.


Ich darf und soll mir selbst Fragen stellen: An wem orientiere ich mich? Wem gebe ich Orientierung? Wem folge ich und warum? Bin ich ernsthaft auf der Spur des Evangeliums Jesu unterwegs oder laufe ich doch nur dem Erfolg meines Studiums, meines Ansehens hinterher? Lebe ich meinen Glauben? Geschwisterlich, also verbunden und teilend? In Verantwortung für mich aber auch für die anderen? Ihr alle aber seid Geschwister – 5 Worte, die uns raus aus dem distanzierten Gebrüll dieser Welt führen und hin zu einer geschwisterlichen Verantwortung füreinander.


Füreinander im Hier und Jetzt, Füreinander im Glauben.

Weiß ich, wen ich zum Strahlen bringe? Lasse ich dieser Person auch den Moment? Wem öffne ich mein Herz, meine Ohren, wem höre ich bewusst zu? Wen bringe ich zum Lächeln?


Nehme ich mir das Evangelium zu Herzen oder höre ich nur auf mich selbst? Kann ich bedingungslos lieben oder verlange ich doch einen Preis für meine Liebe? Kann ich selbst geschwisterlich dienen, ohne Vorurteile und ohne eigene Vorteile? Oder stolpere ich auf meinem vermeintlichen Karriereweg oder in meinem Studium mit ausgestelltem Ellbogen rücksichtslos umher? Schreckt es mich ab, Verantwortung zu übernehmen? Setze ich mich zum Beispiel ehrenamtlich in Gremien für die Belange anderer ein? Gehe ich dazwischen, wenn ich sehe, spüre oder höre, wie „vermeintlich andere“ in den Fokus einer Auseinandersetzung geraten? Habe ich Zeit und nutze diese, um der Gesellschaft einen Dienst zu erweisen? Rettungsdienste, Altenheime, Gemeindestationen, Krankenhäuser, Kindergärten, Schulen aber auch die Obdachlosenhilfen, die Tafeln, alle suchen ja immer wieder händeringend nach Unterstützung. Kann ich ein paar Stunden in der Woche vielleicht für andere aufbringen, spüre ich die Sehnsucht nach meinen Geschwistern? Habe ich einen Blick für die „Bedürfnisse“ meiner unmittelbaren Umgebung? Zeige ich spürbares Interesse daran, wie es der Person im Nachbarzimmer/in der Nachbarwohnung geht? Interessiert es mich aufrichtig?


Viele Fragen, wichtige Fragen, oft auch sehr selbstkritisch. Aber notwendig und hilfreich. Denn sie können uns dabei helfen, immer wieder die Orientierungslinie Gottes in unserem Leben zu finden.


Auf dem Weg - Aufrichtige Fragen – Sehnsucht – Vertrauen – Geschwisterlich dienen – Christus




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