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  • AutorenbildSascha Nikolas Berger

Von Netzen und Menschenfischern

Zum heutigen Tages-Evangelium [B- 3. Sonntag, Mk 1, 14-20] könnte man eine Menge ausarbeiten, Umkehr oder Berufung böten sich an. Mein Kopf ist aber den Netzen im wahrsten Sinne des Wortes ins Netz gegangen. Aber lest selbst: „Kommt her, mir nach“ [Mk 1,17] – Das ist mal eine ganz klare Aufforderung. Nur vier Worte aber hinter diesen Worten steckt eine ganze Menge Energie und Bedeutung.

Wir hören diese Worte recht häufig in diesen Tagen, "mir nach!" Nicht immer nur in guter Absicht.

 

Damals galten diese Worte Simon und Andreas, galten Jakobus und Johannes. Sie folgten Jesus und seinem Aufruf, unwidersprochen, ließen quasi alles stehen und liegen und machten sich mit ihm auf den Weg. Ihre Netze, heute würden wir sagen ihr Betriebskapital, waren auch nicht mehr wichtig, blieben zurück. Statt Fische sollten sie zukünftig Menschen fischen. Da brauchte es wohl etwas anderes als Netze.  Menschenfischer – Auf den ersten Blick ein spannendes Bild, verbunden mit einer spannenden Frage:  Wie fängt man denn wohl so einen Menschen? Auf den zweiten Blick aber auch ein Bild, welches Angst auslösen kann. Wer lässt sich schon gerne fangen? Warum soll ein Mensch überhaupt gefangen werden? Vielleicht um eingefangen zu werden, um ihn wegzusperren? Dieses ambivalente Bild steht erst einmal im Raume. Aber Christus war und ist in seinen Aussagen nicht ambivalent – wir Menschen in unseren Interpretationsversuchen geben den Bildern und Worten oft unsere Deutung und Sicht, unsere sehr menschliche Sicht eben und wir sorgen damit dann oftmals für solche Verwirrungen in den Bildern/Aussagen. Das Reich Gottes ist allerdings wohl alles andere als ambivalent. Die Botschaft Christi ist klar benannt. Auch der Zugang zum „Verstehen dieser Botschaft“ ist klar umrissen. 

Aber kommen wir zum Gedanken des „Menschenfischens“ zurück.  Blicke ich dieser Tage in unsere aufgebrachte Gesellschaft, scheint dafür tatsächlich nicht viel von Nöten zu sein. Plumpe Parolen, zu einfache und plakative Lösungen und oft moralische Schuldzuweisungen wirken und verfangen in den Köpfen, dominieren die gesellschaftliche Debatte, wie wir alle in den letzten Wochen erleben konnten. Der Fingerzeig auf alles Fremde im eigenen Land ist schnell getan. Was hallt in letzter Zeit - oft unwidersprochen- nicht so alles durch die Lüfte: Die Ausländer, die Arbeitsverweigerer, die Schmarotzer…“ Stimmung ist schnell geschürt. Nehmen wir nur mal das Unwort des Jahres 2023 – Remigration – Es kommt so leichtfüßig über die Lippen und wird dabei wie ein Netz immer fester in unsere Sprache verwoben. Kaum einer verknüpft den abgrundtiefen Hass, der in diesem Wörtchen versteckt liegt, mit ihm. Deportationen, Rausreißen aus gefassten Strukturen, weil die Herkunft, vielleicht bald auch wieder das Aussehen, die Haltung oder am Ende gar die Religion nicht passt.  Mir macht dieses Fischen im Trüben langsam Angst.  Menschen zu fischen scheint vielleicht doch nicht so kompliziert zu sein, wie ich dachte.

Aber genau um diese Art von „Menschenfischen“ geht es Jesus ganz und gar nicht.

 

Es geht ihm auch nicht um die vermeintliche Edelfischerei so manches „Fischergehilfen aus Rom.“ „Dieser darf ins Netz und jener nicht,“ das ist mindestens genauso einfach und plump wie die Thesen der grad eben benannten Fischer in unserer Gesellschaft. Auch in Rom wird mir zu schnell sortiert und abgewogen. Zwei Männer/Zwei Frauen/ in Liebe zueinanderhaltend und füreinander einstehend gelten weiterhin als widernatürliche Verbindung. Zwei geschieden Wiederverheiratete gelten als „andere irreguläre“ Beziehung und landen allesamt im selben Netz wie die „guten Fische?“ – „Um Himmels willen,“ mag so mancher römische Fischer da rufen -  Das alles darf allenfalls vielleicht einmal für 15 Sekunden im Netz bleiben, muss dann aber flott auch wieder weiterziehen. Unerwünschten Beifang nennt man das wohl in der Fischer-Szene. – Wie heißt es in Analogie von altersbeschränkten Filmen in den USA immer so schön „Fishers discretion is advised“ – „Fischern wird Diskretion empfohlen.“  So süß kann für mich kein Köder sein, dass ich mich in derartige Netze verfangen mag. Das scheint mir eher Fischen in seichten Gewässern zu sein

 

Aber worum könnte es Jesus denn dann gegangen sein, worum geht es ihm auch heute noch?

„Kommt her…“ – das ist zum einen die Einladung an eine Jede, an einen Jeden von uns. Wir alle sind von ihm Gerufene, wir alle dürfen und sollen uns ihm sich nähern. Aus diesem Ruf, dieser Einladung folgt dann, wenn wir es zulassen, zum anderen auch Bewegung - „…mir nach.“  Wenn wir wollen, dann kann daraus unsere jeweilige Berufung erwachsen. In und mit all unseren jeweiligen Talenten.

 

Wenn wir uns auf Jesus Beziehungsangebot einlassen, dann werden wir feststellen können, wie vielfältig und wie wohlwollend sein Angebot ist. Er möchte mit einer Jeden/einem Jeden von uns in Beziehung treten; Christus braucht uns und stellt uns alle ohne Unterschied und ohne Ab/oder Ausgrenzungen in seinen Dienst. Er möchte uns alle bei sich haben, egal ob unserer Herkunft, unserer Sexualität, unseres Aussehens.

 

Er möchte uns - einfach als Menschen - 

die wir gemeinsam unseren Glauben leben;

die wir gemeinsam an und in dieser Kirche arbeiten;

die wir gemeinsam seiner und unserer Kirche ein menschenfreundliches Gesicht geben;

die wir die Arme öffnen und einladen;

die wir unseren Mitmenschen gegenüber in Liebe begegnen, unvoreingenommen und offen;

die wir uns mit anderen Menschen über unsere Sorgen und Zweifel austauschen;

die wir uns gegenseitig von unseren Fehlern berichten und um Verzeihung bitten können.

 

Dann können wir, wie seine Jünger damals, an seinem Auftrag weiterarbeiten. Dann sind wir -meiner Meinung nach- auf der Spur des Reiches Gottes einen guten Schritt weitergekommen.

 

Ich bin fest davon überzeugt, dass wir mit jedem „mehr an Beziehungstiefe zu Christus“ auf unserem Weg durch unser irdisches Leben dem Kern der frohen Botschaft immer näherkommen.

Dazu brauchen auch wir dann wie Simon, Andreas, Jakobus und Johannes keine Netze mehr, die können auch wir dann getrost liegen lassen. 

 

Aber wir brauchen Menschen, die sich mit uns und untereinander Ver-NETZEN möchten.

 

„Kommt her, mir nach… Ich werde Euch zu Menschenfischern machen…“


Ich würde sagen:

Los geht´s…



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